Wenn ältere Menschen zu oft zum Alkohol greifen
Jul. 2012Nationale Präventionsprogramme
Neue Studien. Viele ältere Menschen geniessen ihren Lebensabend – und für etliche unter ihnen gehört ein Glas Wein oder Bier zum Essen dazu. Einige jedoch trinken mehr und öfter Alkohol und können damit ihre Gesundheit gefährden – insbesondere in Kombination mit Medikamenten. Das stellt Angehörige und Betreuungspersonen vor die unterschiedlichsten Herausforderungen und zeigt den Bedarf nach entsprechenden Unterstützungsangeboten auf. Dies sind die Resultate zweier Studien zu diesem Thema.
Um mehr über den Alkoholkonsum älterer Menschen in der Schweiz zu erfahren, hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Sucht Schweiz sowie das Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF) mit entsprechenden Untersuchungen beauftragt.
Eine Analyse der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) durch Sucht Schweiz (siehe Kasten) zeigt, dass beinahe jeder zehnte Mann (9%) im Alter von 65 bis 69 Jahren einen chronisch-problematischen Alkoholkonsum aufweist. Bei Frauen liegen die Zahlen leicht tiefer: Bei den 65- bis 69-Jährigen haben 6,6% einen chronisch-problematischen Alkoholkonsum. Chronisch-problematisch bedeutet, dass ein Mann im Durchschnitt mehr als 40 Gramm reinen Alkohol pro Tag konsumiert. Bei den Frauen spricht man von durchschnittlich 20 Gramm pro Tag. Dies entspricht ungefähr drei bis vier respektive ein bis zwei Gläsern Wein. Die entsprechenden gesundheitlichen und ökonomischen Konsequenzen müssen aus Public-Health-Sicht ernst genommen werden.
Mit dem Nationalen Programm Alkohol gemeinsam(e) Lösungen finden
In der Schweiz werden Menschen immer älter. Damit einher geht auch die Zunahme von im Alter gehäuft vorkommenden Krankheiten wie zum Beispiel Krebs, Diabetes, Bluthochdruck oder Depressionen. Studien zeigen, dass ein hoher Alkoholkonsum einen Risikofaktor in Bezug auf diese Krankheiten darstellt. Die Gefahr ist zudem gross, dass der Alkohol die Wirkung von Medikamenten verändert oder gefährliche Wechselwirkungen auslöst. Weitere negative Gesundheitsfolgen übermässigen Alkoholkonsums sind neuropsychiatrische Komplikationen, Verwirrtheitszustände, Stürze oder Mangelernährung. Und nicht zuletzt verschlechtern sich die sozialen Beziehungen, Menschen vereinsamen und ziehen sich vermehrt zurück.
Mit dem Nationalen Programm Alkohol (NPA) engagiert sich das BAG gemeinsam mit einer breiten Allianz – bestehend aus den Kantonen und diversen Partnern aus den Bereichen Prävention, Behandlung, Forschung und Vollzug – für die Verhinderung und Verminderung von chronisch-problematischem Alkoholkonsum. Die Allianz benennt die Gefahren und Schäden des Alkoholmissbrauchs und dessen Ursachen, entwickelt beispielsweise Instrumente für das Gesundheits- und Sozialwesen und sorgt für Hilfe zugunsten von Betroffenen, Gefährdeten und ihren Angehörigen. Wo beim Alkoholkonsum durch ältere Menschen konkret angesetzt werden muss, hat das ISGF, Verfasserin der zweiten Studie (siehe Kasten), analysiert. Unter anderem werden Gesundheitsbehörden angeregt, das Thema des Alkoholmissbrauchs älterer Menschen künftig vermehrt in ihre Gesundheitspolitik zu integrieren. Weiter empfiehlt das ISGF, dass Gesundheitseinrichtungen, wie Alters- und Pflegeheime, entsprechende Konzepte und Leitfäden entwickeln, die auf die Reduktion des problematischen Alkoholkonsums abzielen. Alle diese Massnahmen sollen es ermöglichen, dass ältere Menschen ihren Lebensabend in Würde geniessen können und möglichst gesund altern.
Zwei Studien geben Aufschluss
Die beiden durch das Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebenen Studien nehmen sich der Frage des Alkoholkonsums älterer Menschen in der Schweiz an: Sucht Schweiz wertete die Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) aus dem Jahre 2007 mit Blick auf Frauen und Männer ab 60 Jahren aus, die psychoaktive Substanzen (also auch Alkohol) konsumieren. Die Studie des Instituts für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF) hat untersucht, welche Massnahmen geeignet sind, um den problematischen Alkoholkonsum älterer Menschen zu reduzieren. Beide Studien sind online abrufbar unter:
www.alkohol.bag.admin.ch respektive www.suchtschweiz.ch und www.isgf.ch.
Kontakt
Gabriela Scherer, Co-Leiterin Sektion Alkohol, gabriela.scherer@bag.admin.ch